Vater Sergiy Palamarchyk, griech.-kath. Priester und Leiter der Caritas in Severodonetsk in einem baufälligen Haus
Vater Sergiy Palamarchyk, griech.-kath. Priester und Leiter der Caritas in Severodonetsk
Quelle: Achim Pohl
04.03.2020 – Interview

„Erst helfen, dann beten“

Vater Sergiy Palamarchyk, Priester der griechisch-katholischen Kirche und Leiter der Caritas in Severodonetsk, berichtet über die aktuelle Lage nahe den besetzten Gebieten und über die Hilfe, die die Caritas mithilfe von Renovabis vor Ort leisten kann. Das Interview führte Susanne Haverkamp.

Vater Sergiy, was kann die Caritas tun, um den Menschen zu helfen?

Das hauptsächliche Problem ist der Krieg, alle anderen Sorgen resultieren daraus. Etwa die psychologischen Nöte der Menschen, die Armut, die Frage des Zusammenlebens von Flüchtlingen und der alteingesessenen Bevölkerung. Deshalb haben wir zwei Zielrichtungen: Das eine ist die Basishilfe: Wir gehen auch in die Pufferzone, wo nach wie vor geschossen wird. Es gibt dort keinen Strom, kein Gas, keine Infrastruktur. Wir versorgen die Menschen mit dem Nötigsten, mit Heizmitteln, Nahrung und medizinischer Hilfe. Die zweite Zielrichtung: Wir wollen helfen, dass das Zusammenleben funktioniert, dass die Menschen Gemeinschaften bilden, sich gegenseitig unterstützen. Und auch, dass sie den Glauben an Gott wiederfinden, denn die kommunistische Vergangenheit hat vieles an Glauben und Kultur zerstört.

Olena Nebeska (2.v.r.) von der Caritas Severodonetsk zusammen mit Frauen an einem ambulanten Laden, an dem es u.a. Fisch gibt, in Bobrove.
Olena Nebeska (2.v.r.) von der Caritas Severodonetsk zusammen mit Frauen an einem ambulanten Laden in Bobrove.
Quelle: Achim Pohl

Funktioniert das?

Die Caritas ist erst seit zwei Jahren hier tätig, aber die Menschen bringen uns großes Vertrauen entgegen. Sie merken, dass wir ihnen wirklich helfen – und dadurch wächst auch der Glaube wieder. Die Menschen erleben erst unsere caritative Arbeit, dann fragen sie nach mir auch als Priester, wollen beten oder die Messe feiern. Es gibt Dörfer, in denen wir jetzt kleine Kirchen bauen oder zerstörte Kirchen renovieren. Hier wächst etwas.

Und das Caritaszentrum will auch wachsen?

Ja, wir wollen ein großes soziales und pastorales Zentrum werden und uns nach Papst Franziskus benennen. Zurzeit nutzen wir nur einen Teil des Erdgeschosses unseres Hauses; dort haben wir ein Büro, einen Schulungs- und einen Gottesdienstraum. In der anderen Hälfte wollen wir ein Kinderzentrum aufbauen und ein kleines Café. Wir haben schon angefangen, umzubauen. Und danach planen wir, im 1. Stock weiterzumachen und dort Räume für Gemeindegruppen, besonders für Jugendliche einrichten. Mit Übernachtungsmöglichkeiten, damit wir Gäste unterbringen oder Wochenendkurse veranstalten können.

Caritas-Gebäude in Severodonetsk – das künftige Pastoral-Soziale Zentrum "Papst Franziskus"
Caritas-Gebäude in Severodonetsk – das künftige Pastoral-Soziale Zentrum "Papst Franziskus"
Quelle: Achim Pohl
Die Caritas-Mitarbeiterin Olena Nebeska zusammen mit Vater Sergiy Palamarchyk während einer Besuchstour zu den Einrichtungen der Caritas rund um Severodonetsk.
Die Caritas-Mitarbeiterin Olena Nebeska zusammen mit Vater Sergiy Palamarchyk während einer Besuchstour zu den Einrichtungen der Caritas rund um Severodonetsk.
Quelle: Achim Pohl

Worauf kommt es an, damit das gelingt?

Es hängt an der Finanzierung. Andere, ältere Gemeinden helfen uns, auch die Caritas Ukraine unterstützt uns. Außerdem bekommen wir Hilfen aus anderen Ländern, aus Deutschland (unter anderem von Renovabis), aus Österreich, auch von der EU. Was den Umbau betrifft, helfen Gemeindemitglieder mit, aber vieles muss eben doch von Handwerkern gemacht und von uns bezahlt werden. Wir haben Hoffnung, dass es zwar langsam, aber Tag für Tag vorangeht.

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Inhalt erstellt: 04.03.2020, zuletzt geändert: 19.03.2020

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