FREISING. Das Osteuropa Hilfswerk Renovabis wendet sich gegen den Tenor der aktuellen Debatte, die deutschen Sozialsysteme und letztlich der deutsche Steuerzahler würden von osteuropäischen Nachbarn ausgenutzt. „Missstände müssen abgestellt werden, aber Verallgemeinerungen und Unterstellungen helfen hier nicht weiter. Dadurch werden die sozialen und psychischen Folgen der Arbeitsmigration für die zurückgebliebenen Familien ausgeblendet“ hat Pfarrer Christian Hartl, der Hauptgeschäftsführer der Solidaritäts-aktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa, heute am Freisinger Sitz des Hilfswerks betont.
Natürlich hätte die Freizügigkeit in der Europäischen Union auch das Phänomen der Arbeitsmigration in Richtung Westen gefördert. „Auch wir in Deutschland profitieren ja von den vielen aus Mittel- und Osteuropa zu uns gekommenen Arbeitskräften etwa im Pflegesektor, beim Gastronomiegewerbe und auch auf vielen Baustellen. Durch die Thematisierung der Migrationsproblematik hat sich Renovabis stets dafür eingesetzt, dass diese Menschen fair entlohnt werden und dass sie in ihren Heimatländern den Unterhalt ihrer Familien gewährleisten können.“ Für die zurück bleibenden Kinder, auch „Euro-Waisen“ genannt, die seit Jahren von ihren Eltern getrennt, bei Omas, Tanten oder Freunden in der Ukraine, in Moldawien, Rumänien oder Bulgarien aufwachsen, hat das Osteuropa-Hilfswerk viele soziale und pastorale Projekte mit Partnern vor Ort ins Leben gerufen. Für die schwierige Situation diese Kinder und ihrer Familien erhofft sich Hartl in der deutschen Öffentlichkeit mehr Sensibilität und Aufmerksamkeit.
Vor allem darf es keinen Generalverdacht gegen Osteuropäer geben, auch dann nicht, wenn einzelne Betrugsfälle aufgespürt würden. Es komme vielmehr darauf an, dass „die EU einheitliche soziale Vergleichsstandards schafft, die letztlich mehr Transparenz ermöglichen und den Zusammenhalt Europas stärken“, so Hartl.