Besonders eindrücklich war dies in Litauen zu spüren. Gleich bei mehreren Anlässen erinnerte Papst Franziskus an die Zerstörung des jüdischen Ghettos in Kaunas und in Vilnius und an die unzähligen Opfer des Holocaust. Auch auf die Opfer des sowjetischen Regimes wies er hin, nicht zuletzt bei seinem Besuch im ehemaligen KGB-Gefängnis. Dabei würdigte er auch Priester und Ordensleute, die für ihren Glauben verfolgt wurden, wie zum Beispiel Erzbischof em. Sigitas Tamkevičius, der in den 1980er Jahren mehrere Jahre im sowjetischen Lager verbracht hatte.
In seiner ersten Rede in Litauen an Vertreter von Staat und Gesellschaft beschreibt Papst Franziskus Litauen als ein Land, in dem Menschen vieler Nationen und Religionen ihren Platz hatten, bis die totalitären Ideologien diese Vielfalt zerstört haben. Papst Franziskus appelliert, diese Gastfreundschaft und Toleranz wiederzuentdecken und lebendig zu halten.
Ähnlich die Botschaft in Lettland: Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen, Schwierigkeiten und Verletzungen geduldig ertragen - und selbstverständlich mahnt Papst Franziskus vor den Gefahren der Abschottung und der Diskriminierung von Fremden.
In Estland, einem der säkularsten Länder der Welt, stand am letzten Tag
der Reise naturgemäß diese fehlende Gotteserfahrung im Mittelpunkt. Gegenüber den Staatsvertretern mahnte er vor einer technokratischen Gesellschaft, in der menschliche Bindungen verloren gehen. Beim ökumenischen Jugendtreffen sprach Papst Franziskus selbstkritisch aus, was die Jugendlichen von der Kirche abhalten könnte und nahm damit schon Bezug auf die kommende Jugendsynode:
Wir wissen – wie ihr uns gesagt habt – dass viele Jugendliche gar nichts von uns verlangen, weil sie die Kirche nicht als einen für ihr Leben bedeutsamen Gesprächspartner wahrnehmen. Ganz im Gegenteil, manche wollen ausdrücklich in Ruhe gelassen werden, denn sie empfinden die Präsenz der Kirche als lästig, ja unangenehm. Sie sind empört über die Skandale sexueller und finanzieller Art, denen gegenüber sie keine klare Verurteilung sehen; über das fehlende angemessene Gespür für das Leben und die Sensibilität der Jugendlichen aufgrund mangelnder Vorbereitung; oder einfach über die passive Rolle, die wir ihnen zuweisen.(vgl. Jugendsynode, Instrumentum laboris, 66).
Renovabis-Hauptgeschäftsführer Pfarrer Dr. Christian Hartl ist mit dem Papst in Estland unterwegs. Sein Eindruck von dem Treffen des Heiligen Vaters mit den Jugendlichen:
Mich hat die Botschaft des Papstes an die Jugendlichen beeindruckt: Wir wollen auf Euch hören und Euch begleiten! Und dass er darüber sprach, dass es uns nicht leicht gelinge, wirklich aufeinander zu hören. Apropos hören: Die Esten definieren sich stark über die Musik und die Musikstücke, die dargeboten wurden, waren wirklich stark und beeindruckend!