Grandiose Hochgebirge, Steppen, Seidenstraße, Städte wie aus Tausendundeiner Nacht – das sind gern gebrauchte Stichworte, sobald von Zentralasien die Rede ist. Doch Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan sind mehr als exotische Reiseziele. Seit die ehemaligen Sowjetrepubliken 1991 ihre Unabhängigkeit erlangt haben, wird ihre geopolitische Lage für die internationale Politik zunehmend wichtiger. Die Regierungen der Länder pflegen Beziehungen zu Großmächten – sei es zu China, zu Russland, aber auch zu den USA oder zur Europäischen Union. Dieses komplizierte Geflecht beleuchtet die aktuelle Ausgabe „Zentralasien“ der Zeitschrift „OST-WEST. Europäische Perspektiven (OWEP)“, die vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und von Renovabis herausgegeben wird.
Eröffnet wird das Heft mit einem Überblicksartikel der Zentralasien-Expertin Beate Eschment. Sie beschreibt, welche unterschiedlichen Entwicklungen die fünf Länder seit der Unabhängigkeit genommen haben. OWEP-Chefredakteurin Gemma Pörzgen untersucht in ihrem Beitrag die Rolle Russlands in Zentralasien. Das Land ist zwar bis heute eng mit der Region verbunden, sein Einfluss nimmt jedoch durch die Konkurrenz Chinas stetig ab. Um China und seine wirtschaftlichen Ambitionen geht es auch im Text der Wirtschaftsjournalistin Birgit Wetzel. Sie skizziert das Projekt der „neuen Seidenstraße“, das China zur Erschließung neuer Märkte in Asien und Europa vorantreibt. Umweltzerstörungen stehen im Mittelpunkt des Interviews, das die Journalistin Birgit Brauer mit dem kasachischen Anwalt und Umweltaktivisten Vadim Ni geführt hat. Seine Bilanz ist ernüchternd: In allen Ländern ist der Umweltschutz ein Stiefkind, Vermüllung der Landschaft und Verschmutzung von Luft und Wasser sind an der Tagesordnung.
Drei Aufsätze im Heft widmen sich der aktuellen Lage in drei Einzelstaaten und nehmen auch die Folgen der Covid-19-Pandemie in den Blick: Die Journalistin Edda Schlager befasst sich mit Turkmenistan, wo Präsident Berdymukhamedow die demokratischen Grundrechte ignoriert und keine unabhängige Berichterstattung über die Pandemie möglich ist. Die heute in den USA lebende usbekische Berichterstatterin Bagila Bukharbaeva berichtet über Menschenrechtsverletzungen in ihrem Heimatland – und die kirgisische Publizistin Aigerim Turgunbaeva beschreibt die Situation in Kirgistan, wo die Lage derzeit völlig verworren ist: Nach massiven Protesten gegen die „gelenkten“ Parlamentswahlen im Oktober 2020 trat die Regierung zurück, es entstand ein Machtvakuum – eine dramatische Situation, die durch die hohen Opferzahlen der Pandemie noch verschärft wird.
Auffällig in den fünf Ländern: Trotz der traditionellen islamischen Prägung definieren viele Frauen ihre Rolle in Staat und Gesellschaft als „modern“. Nicht allen Frauen gelingt jedoch der Spagat zwischen Tradition und Moderne, auch viele Männer lehnen die Emanzipation ab, wie die in Kasachstan tätige Journalistin Othmara Glas in ihrem Artikel über „Frauen in Zentralasien“ berichtet.
Rezensionsexemplare können gerne unter owep@renovabis.de bestellt werden.
- Mehr Informationen zur Ausgabe 4/2020 auf www.owep.de
- Lesen Sie im Volltext: Kirgistan 2020 – das Volk vereint gegen das drohende Chaos von Aigerim Turgunbaeva