Die deutsche Delegation beim „Kirchengipfel“ vor der Weltklimakonferenz in Kattowitz zusammen mit Erzbischof Wiktor Skworz.
Die deutsche Delegation beim „Kirchengipfel“ vor der Weltklimakonferenz in Kattowitz zusammen mit Erzbischof Wiktor Skworz.
Klimakonferenz

Katholische Konferenz vor UN-Klimagipfel in Polen

30.11.2018, 09:00–16:00 Uhr

Kurz vor Beginn der UN-Klimakonferenz im polnischen Katowice setzte die katholische Kirche in Polen einen eigenen Akzent: "Aus Sorge um das gemeinsame Haus: Christen ökologisch unterwegs" lautete der Titel der Konferenz, die von Renovabis mit unterstützt wurde.

„Aus Sorge um das gemeinsame Haus“

Vom 3.-14. Dezember 2018 fand im polnischen Katowice die UN-Klimakonferenz (COP 24) statt. Im Vorfeld des Klimagipfels hat das Erzbistum Katowice eine Konferenz organisiert, die von Renovabis gefördert wurde: „Care for our Common Home: Christians on the road of ecology“. Sie fand am 30. November in der Theologischen Fakultät der Schlesischen Universität statt und richtete sich an rund 150 polnische Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus Kirche, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Verwaltung. Thema war die christliche Dimension von Umweltproblemen, die Schöpfungsverantwortung und das Umwelt-Engagement der Kirche. In ihrem Hirtenbrief vom 4. Oktober 2018 haben sich die polnischen Bischöfe zum Umweltthema geäußert (Auszüge des Briefes).
Im Anschluss an die Konferenz fand ein deutsch-polnisches Experten-Gespräch zu den Herausforderungen des Klimawandels und zur Klimagerechtigkeit statt.

Beitrage von Erzbischof Dr. Ludwig Schick

Erzbischof Dr. Ludwig Schick: „Wir müssen uns als Kirche mehr darum bemühen, zu einem Akteur des Wandels persönlicher, gesellschaftlicher und politischer Leitbilder zu werden“ - „Gut leben statt viel haben“ - Beitrag auf www.vaticannews.va

Katholische Delegation aus Deutschland nahm teil

Renovabis beteiligte sich mit einer kleinen Delegation von Vertretern und Vertreterinnen aus katholischen Verbänden und Organisationen in Deutschland an der Konferenz und an dem Gespräch. Ziel war es, den Austausch über das kirchliche Umwelt-Engagement in beiden Ländern zu stärken.

Foto: Die deutsche Delegation beim „Kirchengipfel“ vor der Weltklimakonferenz in Katowice (v. rechts nach links): Zygmunt Łukaszczyk (ehem. Präsident der Wojwodschaft Oberschlesien); Pfarrer Dr. Witold Kania, Beauftragter des Erzbistums Katowice für die Weltklimakonferenz; Prof. Dr. Andreas Löschel, Lehrstuhl für Mikroökonomik, Universität Münster; Kathrin Schröder, Misereror; Mattias Kiefer, Umweltbeauftragter des Erzbistums München und Freising; Erzbischof Dr. Ludwig Schick, Erzbistum Bamberg (Delegationsleiter); Erzbischof Wiktor Skworc; Claudia Gawrich, Renovabis-Bildungsreferentin und Dr. Markus Ingenlath, Geschäftsführer von Renovabis

"Luftig-wolkige Sprüche" reichen nicht

Deutsche und polnische Katholiken vor dem Klimagipfel in Kattowitz, Interview von Domradio.de mit Dr. Markus Ingenlath, Renovabis-Geschäftsführer

DOMRADIO.DE: Im Vorfeld des Klimagipfels hat eine Delegation deutscher Katholiken Kattowitz besucht, um sich auszutauschen und über eine christlich verantwortbare Klimapolitik zu sprechen. Sie treffen sich in der polnischen Stadt Kattowitz – eine Region, die besonders von Umweltbelastungen aus der Vergangenheit betroffen ist. Wie groß ist die Bedeutung, die das Thema Umwelt dort hat?

Dr. Markus Ingenlath (Geschäftsführer Renovabis): Es hat eine große Bedeutung, das haben wir hier von den polnischen Bischöfen auch noch einmal gehört: Die Situation in Kattowitz war vor der Wende 1989 katastrophal. Die Kirche hat immer wieder ihre Stimme erhoben. Aber es ging um Fragen der Basismenschenrechte. Es war eine so große Umweltverschmutzung, dass die Menschen ernsthafte Gesundheitsprobleme bekamen. Es hat uns alle sehr beeindruckt, welchen langen Weg auch die Region jetzt zurückgelegt hat. Jetzt gelten auch hier ab einer gewissen Luftbelastung Fahrverbote und man hat sich kürzlich den mitteleuropäischen Standards vollkommen angenähert. Man könnte das Treffen einen "kleinen Gipfel" nennen, einen Vor-Gipfel vor dem großen Gipfel, denn es sind auch einige Bischöfe hier, unter anderem die deutsche Delegation unter der Leitung von Erzbischof Ludwig Schick aus Bamberg von der Kommission Weltkirche.

DOMRADIO.DE: In Deutschland hat man da ein wenig einen anderen Eindruck: Dass in Polen noch sehr pragmatisch auf fossile, das heißt nicht erneuerbare, Energieträger gesetzt wird. Spielt der mögliche Ausstieg aus der Kohle da denn eine größere Rolle?

Ingenlath: Ja, das haben wir jetzt ganz neu erfahren: Die Regierung plant von vormals 80 Prozent, die Kohle jetzt noch bei der Energieversorgung eine Rolle spielt, zurückzugehen auf 30 Prozent. Das heißt, das ist ein gewaltiger Schritt nach vorne. Man muss aber gleichzeitig auch sehen, dass die Menschen fürchten, dass eine Energiearmut in den einzelnen Haushalten stattfindet. Das haben die Bischöfe hier vor Ort auch gesagt. Viele Menschen haben auch noch nicht die wirtschaftlichen Möglichkeiten, auf umweltschonende Heizungen oder andere Umwelttechnologie umzusteigen. Insofern kommt es jetzt darauf an, diesen Übergang zu weniger Kohle klug zu managen. Aber die Politiker hier haben gesagt, sie seien fest entschlossen, dies zu tun. So wie es bisher mit der gesundheitlichen Belastung vonstatten gegangen sei, dürfe es nicht mehr weitergehen.

DOMRADIO.DE: Das Treffen zwischen polnischen und deutschen Katholiken will da ein Beitrag sein, um sich über diese Herausforderungen für die Zukunft auszutauschen. Was kann Kirche denn da leisten? Welche Bedeutung hat Kirche da?

Ingenlath: Ich denke, zunächst einmal ist das Interessante, dass der Papst mit seiner Enzyklika "Laudato Si" jeden Katholiken in seinem ganz besonderen kulturellen Umfeld angesprochen hat. Auch durch die spirituelle Dimension, die er damit verbunden hat. Sowohl deutsche als auch polnische und auch die Katholiken in aller Welt können somit abgeholt werden. Die Deutsche Bischofskonferenz hat diese Woche ganz konkret zehn Punkte veröffentlicht. Die hat Erzbischof Schick in der Konferenz auch vorgestellt. Darin geht es darum, wie man ganz konkret in Zukunft auch seitens der Kirche Bewahrung der Schöpfung ernst nehmen will. Das geht von einer Verstärkung der Umwelterziehung in der Erwachsenen- als auch Schulbildung bis hin zu einer ökologischen und klimagerechten Ausstattung aller kirchlichen Gebäude, sodass sie auch den Standards genügen. Ich kann nur seitens Renovabis sagen: Wir haben seit den 1990er-Jahren mehr als sechs Millionen Euro in verschiedene Projekte gesteckt. Es sind Projekte, die eben diese Umweltbildung betrafen, aber auch ganz konkrete Projekte, mit denen Gebäude ökologisch klimaneutral ausgestattet wurden. Gerade in vielen Ländern Osteuropas ist das eine Herkulesaufgabe. Auf diese Art und Weise hat Kirche Solidarität geübt und mit dieser Solidarität auch gemeinsam zur Bewahrung der Schöpfung beigetragen.

DOMRADIO.DE: Wichtig ist auch, dass sich deutsche und polnische Katholiken austauschen und dass sich die katholische Kirche wieder als globale Kirche zeigt. Am Montag beginnt nun der Klimagipfel in Kattowitz. Welche Wünsche und Erwartungen haben Sie an diesen Gipfel?

Ingenlath: Wir haben es heute gesehen: Es waren hier auf diesem kleinen Gipfel nicht nur deutsche und polnische Bischöfe und Laien, sondern auch vom Heiligen Stuhl in Rom, aus Italien, aus Frankreich, aus England und weitere nehmen an dieser Konferenz teil. Wir können einfach sagen, dass wir uns jetzt konkrete Schritte beim Stopp der Erderwärmung erhoffen. Wir sind ja im Moment noch nicht so weit wie wir uns das in Paris vorgestellt haben. Das, was von Kattowitz ausgehen kann, ist: möglichst konkret sein! Ich glaube auch, dass die Leute, die hier in der Vergangenheit selbst erlebt haben, was es bedeutet mit einer kaputten Umwelt zu leben, jetzt darauf drängen werden, dass man konkret wird. Denn gerade hier im Osten Europas gibt man sich mit einfachen, nur luftig-wolkigen Sprüchen nicht zufrieden.

Das Interview führte Johannes Schröer, Domradio

Smog in Krakau
Warschau im Smog. 33 der 50 Städte mit der höchsten Luftverschmutzung der EU liegen, so die Weltgesundheitsorganisation (WHO), in Polen.
Quelle: Radek Kołakowski / cc-by-2.0

Auszüge aus dem Hirtenbrief der polnischen Bischöfe

Die besondere Verantwortung des Menschen für die Schöpfung betonten die polnischen Bischöfe am 4. Oktober 2018 anlässlich des liturgischen Gedenkens an den Heiligen Franz von Assisi in ihrem Hirtenbrief mit dem Titel "W trosce o wspólny dom" (Aus Sorge um das gemeinsame Haus).

Polen ist betroffen

„Unter 50 europäischen Städten mit der höchsten Luftverschmutzung befinden sich 33 in Polen. Die jährliche Zahl der durch diese Situation verursachten Todesfälle wird auf fast 40.000 geschätzt. Smog tötet.“ (...)

Wir brauchen eine eine entschlossene Haltung

„Es besteht Bedarf an materiellen Ressourcen, an Subventionen für diejenigen, die die Heizungsanlage modernisieren wollen, es sich aber einfach nicht leisten können. Vor allem brauchen wir eine entschlossene Haltung, nicht nur von Seiten der staatlichen und kommunalen Verwaltung auf allen Ebenen, sondern auch von Menschen guten Willens. Niemand sollte sagen, dass dies nicht seine Sache ist, denn wir alle brauchen saubere Luft zum Leben.“ (...)

Der Mensch verändert das Klima

„Wir sind uns auch bewusst, dass sich das Klima verändert. Nicht ohne Bedeutung ist auch die Tätigkeit des Menschen, der zusammen mit der Steigerung von Produktion und Konsum zur Erhöhung der Konzentration von Treibhausgasen beiträgt. Daher ist es notwendig, menschliches Handeln, das schädlich für die Umwelt ist, zu reduzieren, mit fossilen Brennstoffen geschickt umzugehen, erneuerbare Energiequellen zu entwickeln und zu lehren, wie man Energiequellen sparsam nutzt.“ (...)

Die Umweltkrise ist ein moralisches Problem

„Es besteht kein Zweifel daran, dass die Umweltkrise, deren Symptome in diesem Brief dargestellt werden, ein moralisches Problem ist. In der Enzyklika „Laudato Si“ sagte Papst Franziskus, dass wir als Gläubige eine „ökologische Bekehrung“ brauchen, die, indem sie die Frucht unserer Begegnung mit Jesus wird, unsere Einstellung zur Welt verändern wird.“ (...)

Franz von Assisi als Vorbild

"Das beste Beispiel für eine solche Bekehrung ist der Poverello von Assisi, St. Franziskus (...). Sein Leben führte durch unbeschwerte Jugend und die Suche nach der eigenen Herrlichkeit bis zur radikalen Bekehrung. Nachdem er innere Erniedrigung erlebt hatte, erlebte er eine spirituelle Transformation. Er traf Christus in einem Aussätzigen, und dann in der Kirche St. Damien erhielt er die Botschaft des Gekreuzigten, "die Kirche wieder aufzubauen, die im Untergang liegt".
Die Liebe zu Gott führte zu seinem Leben in Liebe zur Armut, zur Einfachheit des Lebens, zum selbstlosen Dienst an anderen und zu einer besonderen Beziehung zur geschaffenen Welt. Ohne die Natur mit Gott zu identifizieren, bemerkte er in den Geschöpfen die Frucht der Liebe, Güte und Schönheit des Schöpfers und gab ihnen brüderliche Liebe. Nachdem er die Wundmale der Passion erhalten hatte, schrieb er eine schöne Hymne, in der er den Herrn durch Sonne, Mond, Wind, Schwester, Wasser und Erde preist, die verschiedene Früchte, Blumen und Gräser hervorbringt. Er sah den Schöpfer und die Schöpfung. Er glaubte an Gott und respektierte die Schöpfung, weil er spürte, dass er ein wesentlicher Teil davon war." (...)

Gegen Egoismus und Gleichgültigkeit

"Das Beispiel und die Fürsprache des hl. Franziskus mögen eine Ermutigung für uns sein, an uns selbst zu arbeiten, gegen unseren Egoismus und unsere Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal anderer und der Welt zu kämpfen." (...)

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Inhalt erstellt: 19.07.2018, zuletzt geändert: 28.01.2021

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