Die Ikone zeigt Jesus Christus im Zentrum, umgeben von Bischöfen des Konzils von Nizäa, die je ein Evangeliar tragen. Vor dem Thron liegt ein offenes Evangelienbuch mit den Buchstaben Alpha und Omega. Kaiser Konstantin der Große sitzt neben Christus und hält eine Schriftrolle. Ein Strahl des Heiligen Geistes kommt von oben. Das Monogramm XP weist auf Jesus als Herrn der Kirche und das Glaubensbekenntnis hin.
Die abgebildete Ikone zeigt das Erste Ökumenische Konzil von Nizäa. Im Vordergrund wird durch das Monogramm XP auf Jesus Christus als Herrn der Kirche und – wiederum in griechischer und deutscher Sprache – auf das wichtigste Ergebnis des Konzils hingewiesen: Das Glaubensbekenntnis
Quelle: © Griechisch-Orthodoxe Kirchengemeinde Christi Himmelfahrt zu Berlin
04.06.2025 – Ökumene

1700 Jahre Nizäa: Gemeinsam glauben – gemeinsam feiern

Vor 1.700 Jahren hat das Konzil von Nizäa ein gemeinsames Glaubensbekenntnis formuliert, das bis heute alle Christen verbindet. Doch die Frage bleibt: Wie leben wir diese Einheit in einer Welt voller Spannungen? Das Jubiläum lädt uns ein, im Geist von Pfingsten gemeinsam nach Antworten zu suchen.

von Dr. Johannes Oeldemann, Paderborn

Mitten in die Zeit der diesjährigen Renovabis-Pfingstaktion fällt ein bedeutendes Jubiläum: Vor 1.700 Jahren, von Ende Mai bis Ende Juli 325, fand das erste Ökumenische Konzil in der Geschichte der Kirche statt. Es war ein „Konzil der Einheit“, weil zum ersten Mal Bischöfe aus allen Teilen des Römischen Reiches zu einer solchen Versammlung eingeladen waren, und es ist auch heute noch ein „Konzil der Einheit“, weil alle christlichen Kirchen dieses Konzil und das von ihm verabschiedete Glaubensbekenntnis anerkennen. Es lohnt sich daher, über seine Bedeutung für die Ökumene heute nachzudenken.

Das Konzil von Nizäa (325)

Im Frühsommer des Jahres 325 berief Kaiser Konstantin eine Bischofsversammlung ein, zu der er alle Bischöfe der noch jungen christlichen Kirche einlud. Sie fand in der Sommerresidenz des Kaisers in Nizäa (heute Iznik in der türkischen Provinz Bursa) statt. Mehr als 200 Bischöfe reisten dazu an, überwiegend aus dem östlichen Teil des Römischen Reiches, aber auch einige Vertreter aus Rom und anderen westlichen Kirchen waren dabei. Die Zeit der Verfolgung der Christen durch römische Kaiser lag erst wenige Jahre zurück und viele Konzilsteilnehmer hatten diese noch persönlich erlebt. Regionale Bischofssynoden hatte es schon zuvor gegeben, doch nun versammelten sich zum ersten Mal Bischöfe aus der ganzen damals bekannten Welt (griech.: oikoumene) an einem Ort, um gemeinsam über Fragen des Glaubens und der Kirchenordnung zu beraten. Das Ziel des Kaisers war es, die erst ein Jahr zuvor erreichte politische Einheit des Römischen Reiches durch eine einheitliche Religion zu festigen. Das Ziel der versammelten Bischöfe war es, in einigen umstrittenen Glaubensfragen zu einer gemeinsamen Position zu finden. So trafen sich die Anliegen beider Seiten und die Bischofsversammlung ging als das erste „ökumenische Konzil“ in die Kirchengeschichte ein.

Das 1.700-jährige Jubiläum des Konzils

Warum lohnt es sich heute, 1.700 Jahre nach dem Konzil, sich mit diesem Ereignis zu befassen? Es lohnt sich nicht nur, weil dieses Konzil ein Meilenstein in der Geschichte der frühen Kirche war, sondern auch weil seine Entscheidungen bis heute von allen christlichen Kirchen zu den verbindlichen Grundlagen ihres Glaubens gezählt werden. Schon nach dem 3. und 4. Ökumenischen Konzil (Ephesus 431, Chalcedon 451) trennten sich einige Ortskirchen von der Römischen Reichskirche, deren Nachfolger heute in der Assyrischen Kirche des Ostens und den orientalisch-orthodoxen Kirchen leben. Die kaum zu überschätzende ökumenische Bedeutung des Konzils von Nizäa liegt daher darin, dass es bis heute alle Christinnen und Christen weltweit miteinander verbindet.

Die innere Einheit der Kirche: Das Glaubensbekenntnis von Nizäa

Zu den wichtigsten Ergebnissen des Konzils von Nizäa zählt die Verabschiedung eines gemeinsamen Glaubensbekenntnisses. In Auseinandersetzung mit der Lehre des alexandrinischen Presbyters Arius, der die These vertrat, dass Jesus Christus ein Geschöpf Gottes sei, erklärte das Konzil von Nizäa, dass Jesus Christus „wahrer Gott“ ist, wesensgleich (griech.: homoousios) mit dem Vater. Die Verwendung dieses Begriffes war insofern bemerkenswert, als damit erstmals ein philosophischer Begriff in die christliche Glaubenslehre eingeführt wurde. Das führte nach dem Konzil von Nizäa noch zu harten Auseinandersetzungen. In einer erweiterten Form bestätigte das 2. Ökumenische Konzil (Konstantinopel 381) jedoch schließlich das Glaubensbekenntnis von Nizäa. Bis heute wird es in unseren Kirchen als das „Große Glaubensbekenntnis“ (Nizäno-Konstantinopolitanum) gebetet.

Die äußere Einheit der Kirche: ein gemeinsamer Ostertermin

Ein zweites wichtiges Ergebnis des Konzils von Nizäa war die Festlegung eines gemeinsamen Termins für das Osterfest. Vor Nizäa gab es zwei verschiedene Tendenzen in der frühen Kirche: Die einen (vor allem im Bereich des Patriarchats von Antiochien) plädierten mit Bezug auf das Johannesevangelium dafür, Ostern in Verbindung mit dem jüdischen Passahfest zu feiern, während die anderen (vor allem in Rom und Alexandrien) dafür eintraten, Ostern jeweils am Sonntag nach dem Passahfest zu feiern. Das Konzil von Nizäa entschied zugunsten der Letzteren und seither wird Ostern jeweils am Sonntag nach dem ersten Vollmond nach der Frühjahrstagundnachtgleiche (21. März) gefeiert. Seit der Gregorianischen Kalenderreform im 16. Jahrhundert, die von den Orthodoxen nicht übernommen wurde, feiern Christen jedoch wieder an verschiedenen Terminen Ostern. Im Jubiläumsjahr des Konzils von Nizäa fügt es sich, dass alle christlichen Kirchen gemeinsam am 20. April 2025 Ostern feiern. Das sollte ein Ansporn sein, das Anliegen der Konzilsväter von Nizäa erneut aufzugreifen und sich um einen gemeinsamen Ostertermin zu bemühen, damit das Zeugnis von der Auferstehung Jesu Christi glaubwürdiger und die Einheit der Kirche auch nach außen hin sichtbar wird.

Nizäa als Beispiel: Synodale Entscheidungsfindung

In Nizäa haben die versammelten Bischöfe rund zwei Monate miteinander diskutiert und um eine gemeinsame Entscheidung gerungen. Verschiedene Ortskirchen und mit ihnen auch unterschiedliche theologische Strömungen waren vertreten. Auch der Kaiser hat sich vermutlich eingeschaltet und es gibt Belege, dass einige Begleiter der Bischöfe, wie z.B. der Diakon Athanasius aus Alexandrien, der später seinem Bischof als Patriarch nachfolgte, ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt haben. Papst Franziskus hat in seinem Pontifikat versucht, die Synodalität in der katholischen Kirche zu stärken und damit das Beispiel des Konzils von Nizäa aufgegriffen. Er betonte, dass die Synodalität der Weg ist, den Gott von der Kirche im 3. Jahrtausend erwartet. Die Kirche wird an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn die Menschen spüren, dass in synodalen Versammlungen Bischöfe, Priester und Laien aufeinander hören und miteinander sprechen, um gemeinsam zu lernen, wohin der Geist Gottes die Kirche führen will.

Nizäa als Herausforderung: Kirche und Staat

Das Konzil von Nizäa stellt allerdings auch eine Herausforderung für die Ökumene heute dar. Es war ein vom Kaiser einberufenes Konzil, dessen Beschlüsse anschließend auch mit kaiserlicher Autorität durchgesetzt wurden. Die Kirchen des globalen Südens fragen, ob ein solches imperiales Verhalten nicht über viel zu lange Zeit die Kirche geprägt hat. Sie spüren bis heute die negativen Auswirkungen der Verknüpfung von Kolonisierung und Evangelisierung, die aus der Verbindung von Kirche und staatlicher Macht hervorging. Welche Gefahr eine zu enge Bindung der Kirche an den Staat in sich birgt, sehen wir aktuell am Beispiel der Orthodoxen Kirche in Russland, wo Elemente des christlichen Glaubens zur Legitimation eines Krieges herangezogen werden, der von vielen Menschen als zutiefst ungerecht und unchristlich betrachtet wird.

Fazit

Das Jubiläum des Konzils von Nizäa ist also beides: Es ist eine Chance für die Ökumene, um das Bekenntnis zu Jesus Christus zu erneuern und durch die gemeinsame Feier des Osterfestes nach außen zu bezeugen. Und es ist eine Herausforderung für die Kirchen, um nach zeitgemäßen Formen synodaler Entscheidungsfindung zu suchen, aber auch einer Vereinnahmung der Kirche durch den Staat entgegenzustehen.

Inhalt erstellt: 04.06.2025, zuletzt geändert: 04.06.2025

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