
Quelle: picture alliance / imageBroker / Konrad Hryciuk - Gesamtgestaltung des Umschlags: Martin Veicht
FREISING. Der Begriff Exil wird in der deutschen Sprache seit dem 16. Jahrhundert verwendet. In Deutschland ist er eng mit der Geschichte von Flucht und Vertreibung von Menschen während der NS-Zeit verbunden. Die Zeitschrift OWEP beleuchtet das Thema „Exil“ in seiner historischen wie gegenwärtigen Dimension. Deutlich wird dabei: Exil ist kein abgeschlossenes Kapitel der Vergangenheit, es ist ein hochaktuelles europäisches Phänomen, das sowohl Menschen als auch Gesellschaften verändert und herausfordert.
In seinem einführenden Artikel zeichnet der Historiker und Migrationsforscher Jochen Oltmer die Entwicklung des Begriffs „Exil“ nach - und stellt fest, dass er in der Bundesrepublik vornehmlich für die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit reserviert bleibt. Einen intensiven Exil-Diskurs mit Blick auf jüngere Fluchtbewegungen gebe es dadurch bis heute nicht.
„Exil bedeutet das wiederholte Scheitern der Rückkehr“, schreibt die belarussische Philosophin Olga Shparaga in einem persönlichen und bewegenden Beitrag: Die Wissenschaftlerin, die nach den Massenprotesten in Belarus ihre Heimat verlassen musste, lebt seit 2020 in Deutschland und Österreich. Das Exil empfindet sie als „verwundete Existenz“, als „räumliche Verwundung“, in der ihre Erinnerungen keinen Ort und kein Gedenken finden.
Berlin gilt als Anziehungspunkt für Exilanten aus Osteuropa. OWEP-Chefredakteurin Gemma Pörzgen untersucht in ihrem Artikel, wie die Stadt trotz bundesdeutscher Abschottungspolitik, lokaler Wohnungsnot und Sparzwängen die Anziehungskraft früherer Jahrzehnte bewahren kann - vor allem, seit vermehrt Flüchtende aus der Ukraine und russische Oppositionelle nach Berlin kommen.
Verklagen, ausspionieren, sogar töten: Diktatoren verfolgen seit Jahrzehnten Oppositionelle im Ausland. Die Journalistin Silvia Stöber analysiert in ihrem Text „Verfolgt über Landesgrenzen hinweg“, wie autoritäre Staaten zunehmend aggressiver werden und auch die staatliche Souveränität der Gastländer verletzt wird. Weitere Aspekte des Themas kommen im Heft zur Sprache: Die Theologie-Professorin Regina Elsner zeigt, wie Kirchen im Exil Schutz und Begegnung bieten. In einem Interview mit der JX-Fund-Gründerin Penelope Winterhager geht es um die Herausforderungen für den Exiljournalismus und die Psychotherapeutin Inna Ayarapetyan schildert die Auswirkungen der Erlebnisse im Exil auf die psychische Gesundheit.
„Der Bulgare ist von seiner Seele her kein Emigrant“. So ist das abschließende Interview der Ausgabe überschrieben. Der Journalist Frank Stier spricht darin mit dem früheren bulgarischen Zaren Simeon II., der nach fast 50-jährigem Exil zurückgekehrt ist und das Land von 2001 bis 2005 als Ministerpräsident regiert hat.
Den Beitrag „Exil – Ein Begriff im Wandel europäischer Migrationsgeschichte von Jochen Oltmer können Sie gratis im Volltext lesen.
Podiumsdiskussion zum Thema „Exil - Fluchtpunkt und Abschied"
Am Donnerstag, 30. Oktober 2025, findet um 19 Uhr in der Katholischen Akademie in Berlin (Hannoversche Str. 5) mit Autorinnen und Autoren des Heftes eine Podiumsdiskussion zum Thema „Exil - Fluchtpunkt und Abschied. Erfahrungen der Emigration aus dem östlichen Europa" statt. Mit dabei sind Sergey Medvedev (Geschäftsführer von Journalists in Need Network (jinn), Berlin), Jochen Oltmer (Historiker und Migrationsforscher, Universität Osnabrück), Gemma Pörzgen (Chefredakteurin "Ost-West. Europäische Perspektiven", Berlin) sowie Olga Shparaga (Philosophin, Fernuniversität Hagen).
Moderieren wird Gabriele Freitag (Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Berlin).
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