

BERLIN. Mit einem Aufruf zum Schutz der Menschenwürde ist der diesjährige Renovabis-Kongress in Berlin zu Ende gegangen. Renovabis-Hauptgeschäftsführer Pfarrer Thomas Schwartz sieht die Menschenwürde vielerorts bedroht. Er ruft dazu auf, gemeinsam „der Menschenwürde in Europa ein glaubwürdiges Gesicht“ zu geben. Er präsentierte einen Aufruf zum Handeln an Gesellschaft, Politik und Kirche. Der Text fasst zehn wichtige Impulse und Mahnungen des Kongresses zusammen.
Die Menschenwürde ist ein universeller Wert und das Fundament für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden. Doch sie werde, so der Aufruf, „in vielen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens in Frage gestellt, instrumentalisiert oder verletzt“. Für Pfarrer Schwartz ist klar: „Menschenwürde ist keine abstrakte Idee – sie beginnt im Hinsehen, im Urteilen und verlangt konkretes Handeln“. Wie ernst eine Gesellschaft es mit der Menschenwürde meint, zeige sich etwa im Umgang mit Kranken, Sterbenden, Obdachlosen, Minderheiten, Suchtkranken, Geflüchteten oder Misshandelten. Ein erschreckendes Beispiel dafür sei die Diskriminierung der Roma-Minderheit, insbesondere im Osten Europas.
Eine der sensibelsten ethischen Debatten unserer Zeit: Die Frage nach einem würdigen Sterben. Viele Sterbewünsche entstünden nicht allein aus freiem Willen, sondern aus Einsamkeit, Altersarmut, Pflegekrisen oder seelischer Not. Renovabis warnt daher „vor einer stillen gesellschaftlichen Akzeptanz des Suizids als Lösung“. Schwartz fordert von der Politik „die Stärkung von Hospizen, Palliativversorgung und seelsorglicher Begleitung“. Aus seiner Sicht verhindere die Verbesserung der Prävention, dass Not und Einsamkeit Menschen in den Tod drängten.
Zu den schwersten Verletzungen der Menschenwürde gehören Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung. Weltweit seien nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) rund 50 Millionen Menschen von moderner Sklaverei betroffen. „Armut und andere soziale Missstände in Osteuropa bilden dabei einen Nährboden für Ausbeutung“, erläuterte Thomas Schwartz. Viele Frauen aus Osteuropa geraten durch Zwang oder Täuschung in die Prostitution. Deshalb „braucht es die konsequente Bestrafung von Nachfrage und organisierter Ausbeutung nach dem Vorbild des Nordischen Modells“. Von den Verantwortlichen in der EU fordert der Aufruf zudem eine Migrationspolitik, die Leben schützt, faire Verfahren garantiert und Humanität sowie Rechtsstaatlichkeit nicht nur verspricht, sondern sichtbar und wirksam umsetzt – denn „Pushbacks, überfüllte Lager und blockierte Hilfen treten die Menschenwürde mit Füßen. Die Würde des Menschen endet nicht an Stacheldraht und Grenzzäunen“.
Am 29. Internationalen Kongress des Hilfswerks nahmen mehr als 200 Gäste aus 26 Ländern teil. Er trug den Titel „Unantastbar und verletzlich. Menschenwürde zwischen universellem Anspruch und gesellschaftlichen Konfliktlinien in Europa“. Damit setzte Renovabis sein Jahresthema und das Leitwort der Pfingstaktion „Voll der Würde. Menschen stärken im Osten Europas“ fort.
Seit 1997 ist der Internationale Kongress Renovabis ein bedeutendes Forum für die Diskussion und Information über zentrale Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft in Mittel-, Südost- und Osteuropa sowie für den Dialog und die Begegnung zwischen Ost und West.
Renovabis ist die „Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa“. Die Aktion wurde 1993 auf Anregung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) von der Deutschen Bischofskonferenz gegründet. Seither gibt es jedes Jahr eine mehrwöchige bundesweite Pfingstaktion. Die Kampagne endet jeweils am Pfingstsonntag mit einer Kollekte in den katholischen Kirchengemeinden in Deutschland.
Seit ihrer Gründung hat die Solidaritätsaktion Renovabis mit mehr als 900 Millionen Euro gut 27.000 Projekte von Partnern unterstützt.