
Quelle: Renovabis
Vor kurzem ist Bohdan Manyschyn wieder an der Front gewesen. Mit viel Herzblut hat der ukrainische Militärbischof den Soldatinnen und Soldaten dort Mut zugesprochen und ihnen gesagt, wie wichtig ihre Aufgabe ist. Nur eine Handvoll von ihnen verteidigen diesen Abschnitt des Frontverlaufs. Manyschyn verbringt eine Woche mit ihnen, betet gemeinsam mit ihnen, hört ihnen zu. Die Zeit dafür will er sich nehmen. Nicht genügend Militärkapläne arbeiten gemeinsam mit ihm in der Ukraine, ihre kleine Zahl kann den großen Bedarf nach seelsorgerischer Hilfe kaum decken. Nicht zuletzt auch, weil sie sich selbst in enorme Gefahr begeben. Vier seiner Kapläne sind derzeit verwundet, viele weitere tragen psychische Folgen von ihrer Arbeit davon, erklärt Manyschyn. Immer wieder kehren Gefallene von der Front zurück, werden ihren Familien übergeben, ohne von einem Kaplan begleitet werden zu können. Manyschyn erzählt von einem Fall, als einer seiner Seelsorger endlich einer hinterbliebenen Frau eines Soldaten einen Besuch abstatten konnte. Als der Militärkaplan ihr Haus betritt, will sie sich gerade das Leben nehmen.
Den Angehörigen zu helfen, ihnen eine Stütze zu sein, rückt heute immer mehr in den Fokus des Militärbischofs. Im besten Fall, erklärt er, sei ein Priester sowohl bei den Soldaten als auch bei ihren Familien. Denn es sind die Frauen, die Mütter, die Töchter, deren Stärke heute das Rückgrat der Gesellschaft bildet, erklärt er. Um sie zu unterstützen, hat Manyschyn Initiativen eingerichtet, die den Familien Zugang zu Reha-Angeboten ermöglichen sollen. Er finanziert sie, indem er in ukrainischen Gemeinden für sie sammelt.
An diesem Dienstag ist Manyschyn zu Gast in Freising bei Renovabis, dem Osteuropa-Hilfswerk der deutschen Katholiken. Gemeinsam mit Geschäftsführer Dr. Markus Ingenlath und Ukraine-Referentin Katharina Ebel tauscht er sich über Möglichkeiten der Unterstützung für sein Anliegen aus. Mehr als 23 Millionen Euro hat Renovabis seit Beginn der Vollinvasion 2022 in Projekte in der Ukraine investiert. Dabei legt auch das Hilfswerk einen besonderen Fokus auf die psychologische Unterstützung für Familien und Angehörige. So fördert Renovabis etwa regelmäßige monatliche Treffen, bei denen Priester und psychologische Fachkräfte Familien von Militärangehörigen Austausch ermöglichen und Selbsthilfetechniken vermitteln.
Bei seinem Besuch beschreibt Militärbischof Manyschyn, dass Russland zwar erkenne, dass es die Widerstandskraft der Menschen in der Ukraine nicht brechen kann. Doch umso mehr setze es auf eine Strategie der verbrannten Erde, vernichte ganze Städte. In der Ukraine gebe es heute hunderte von Aleppos, erklärt Manyschyn und bezieht sich damit auf die syrische Großstadt, die im Lauf des Bürgerkrieges in weiten Teilen zerstört wurde.
Zudem sei der Krieg gerade in eine neue Phase eingetreten: Einer Art technologischem Wettlauf. Neben präziseren Drohnen und zielgerichteten Raketen, spielten Störsender zur Drohnenabwehr eine immer wichtigere Rolle. Für jene Brigade, mit der Manyschyn eine Woche an der Front verbrachte, konnte er in seiner Gemeinde genügend Spenden sammeln, um ihnen einen solchen Störsender zu finanzieren. Am Ende der Woche sagte er ihnen, dass er am liebsten weiter bei ihnen bleiben würde und sei es nur, um Kartoffeln zu schälen. Doch Manyschyn muss weiter. Er möchte die Wunden des Krieges heilen – an unzähligen weiteren Orten.