Ausbreitung COVID-19 in Europa, Ausschnitt aus der Karte vom Johns Hopkins Center for Systems Science and Engineering
Ausbreitung COVID-19 in Europa, Ausschnitt aus der Karte vom Johns Hopkins Center for Systems Science and Engineering
Quelle: Johns Hopkins Center for Systems Science and Engineering
27.03.2020 – Corona-Pandemie

Immense Herausforderungen für das Gesundheitssystem

Weltweit stellt das Coronavirus Gesellschaften und ihre Gesundheitssysteme auf die Probe. Auch die reichen Industrieländer stoßen an ihre Grenzen - noch schwieriger ist die Situation dort, wo es an medizinischem Personal und Ausstattung fehlt..

Der Coronavirus hat längst auch die Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas erreicht. Die meisten Länder haben rigorose Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Virus durch Einschränkung der Bewegungsfreiheit einzudämmen - eine Auswahl:

  • In Albanien wurden die Landgrenzen am 15. März 2020 für den Personenverkehr geschlossen, öffentliche Verkehrsverbindungen eingestellt. Es gilt eine Ausgangssperre von 13 bis 5 Uhr, mit Ausnahme von Lebensmittelgeschäften, Apotheken und Banken bleiben Geschäfte und Restaurantbetriebe wie auch Bildungseinrichtungen geschlossen.
  • Die Tschechische Republik hat am 12. März 2020 den Ausnahmezustand verhängt, seit 16. März 2020 besteht eine Ausgangssperre. Das Verlassen der Wohnung ist nur noch für unaufschiebbare berufsbedingte Verpflichtungen, dringend notwendige Besorgungen (Lebensmittel) und Hilfe für andere Menschen gestattet. Außerhalb der eigenen Wohnung ist das Tragen einer Mund-/Nasenmaske Pflicht.
  • Ungarn hat die nationale Gefahrenlage ausgerufen und weitgehende Beschränkungen des öffentlichen Lebens und des freien Personen- und Warenverkehrs beschlossen.
  • Die Ukraine hat seit dem 16. März 2020 bis mindestens zum 24. April 2020 ihre Grenzen für einreisende Personen geschlossen. Bis auf Weiteres sind landesweit und mindestens bis zum 24. April mit der Ausnahme von Apotheken, Lebensmittelgeschäften, u.ä. alle sonstigen Geschäfte und Dienstleistungsanbieter geschlossen.

Desolates Gesundheitssystem - zum Beispiel Rumänien

Die Situation in Rumänien ist stellvertetend für viele Länder Mittel-, Ost- und Südosteuiropas. Investitionen ins Gesundheitssystem waren über lange Jahre hinweg sehr gering. Rumänien bildet innerhalb der EU gar das Schlußlicht bei den prozentualen Ausgaben des Brutto-Inlandsproduktes für das Gesundheitssystem (2017: 5,2 Prozent, der EU-Durchschnitt lag fast doppelt so hoch). Entsprechend ist die Säuglingssterbeziffer mit 6.0 die höchste aller EU-Mitgliedsländer 1.

Die technische Ausstattung der Krankenhäuser ist vor allem in den Krankenhäusern der kleineren Städte technisch veraltetet. Immer wieder kursieren Bilder im Internet, die eine medizinische Ausstattung zeigen, die regelrecht museal anmutet. Hinzukommt die Auswanderung von Fachkräften, wie Ärzten sowie Pflegekräften. Schätzungen zufolge haben seit dem EU-Beitritt 2007 rund 14.000 Ärzte Rumänien verlassen, um Westeuropa zu arbeiten, wo sie das Fünf- bis Zehnfache ihres rumänischen Gehaltes verdienen können. Die ländlichen Regionen trifft es doppelt hart: gerade jüngere Ärzte suchen Arbeit in den städtischen Regionen, weil dort sowohl das Gehalt als auch die Ausstattung der Kliniken besser ist. So ist gerade die Bevölkerung auf dem Land schlecht versorgt.

Die Folgen sind erschreckend, um so mehr, wenn man an die zu erwartenden Belastungen durch die Corona-Pandemie denkt. Am 31. März hat die rumänische Regierung die Stadt Suceava im Nordosten des Landes und acht benachbarte Dörfer zum Sperrgebiet erklärt. Im Kreiskrankenhaus der Stadt Suceava hatten sich die Hälfte der Patienten sowie hundert Ärzte und Pfleger mit dem Coronavirus infiziert.

„Für Wissenschaft ist kein Geld da“

Auch der Virologe Prof. Dr. Christian Drosten, Leiter der Virologie in der Berliner Charité, schilderte im NDR-Podcast „Corona-Virus-Update“2 die schwierige Situation von medizinischer Wissenschaft in Osteuropa - sein Institut für Virologie wird als Referenzlabor viel von osteuropäischen Laboren kontaktiert.

Es ist so, dass einfach kein Geld im System da ist für Wissenschaftler. Ich kenne selber hervorragende Wissenschaftler in osteuropäischen Ländern, die zu irgendeinem Zeitpunkt gesagt haben: Ich muss was anderes machen, ich kann hiermit meine Familie nicht mehr ernähren, mit dem Gehalt, das ich als Wissenschaftler kriege. Und die machen zum Teil Wissenschaft so nebenbei, haben aber andere Berufe. Das ist so eine Problematik. Und die andere Problematik ist, das es in der grundlegenden Medizin in vielen osteuropäischen Ländern nicht dieselbe Grundausstattung gibt wie bei uns, so dass man moderne klinische Forschung aus Verlegenheit gar nicht machen kann. Man ist froh, wenn man die Patienten überhaupt gut versorgt kriegt.

Fußnoten:


  1. Quelle: https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tps00027/default/map?lang=de
  2. Podcast: Das Coronavirus-Update mit Christian Drosten
Inhalt erstellt: 27.03.2020, zuletzt geändert: 10.02.2021

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