Maksym Ryabukha, Weihbischof des Erzbischöflichen Exarchats Donezk (l.) und Renovabis-Pressereferent Thomas Schumann
Maksym Ryabukha, Weihbischof des Erzbischöflichen Exarchats Donezk (l.) und Renovabis-Pressereferent Thomas Schumann
06.07.2023 – Ukraine

Kirche vor Ort zeigt den Menschen: „Wir sind an Eurer Seite“

Besuch von Vertretern des Erzbischöflichen Exarchats Donezk der Ukrainischen Griechisch-katholischen Kirche bei Renovabis. „Dieser Krieg ist für uns alle daheim eine massive und wirklich schwere Belastung – Herausforderung wäre zu schlicht ausgedrückt.“

Der erst vor einem halben Jahr eingesetzte Weihbischof des Erzbischöflichen Exarchats Donezk Maksym Ryabukha (43 Jahre), der Ökonom des Erzexarchats, Pfarrer Roman Vovk, und Olga Kmyta, die Projektbeauftragte der am östlichsten gelegenen Diözese der Ukrainischen Griechisch-katholischen Kirche: Alle drei vermittelten jetzt bei ihrem Besuch in der Geschäftsstelle des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis in Freising etwas unwirklich Hoffnung und Zuversicht. Nicht, dass sie sich an den Krieg in ihrer Heimat gewöhnt hätten; sie trotzen ihm weiterhin. „Und: Bei uns dauert er ja bereits seit 2014 an; aber das wissen Sie ja“, sagte Olga Kmyta im Gespräch mit der Länder- und Projektreferentin Theresa Grabinger und Renovabis-Pressesprecher Thomas Schumann.

Bischof Maksym ist der „große Dank an die deutschen Spenderinnen und Beter“ wichtig: „Renovabis war und ist immer für uns da. Jahrzehnte vor dem Krieg, jetzt und - wir sind ganz sicher - auch künftig“. Der Weihbischof weiter: „Dieser Krieg ist für uns alle daheim eine massive und wirklich schwere Belastung – Herausforderung wäre zu schlicht ausgedrückt.“ Dass jetzt auch noch der Kachowka-Staudamm gesprengt worden ist, und er ist sich „ganz sicher auf russischen Befehl hin mit voller Zerstörungsabsicht in die Luft gejagt wurde um vielfältiges Leid zu bringen: Das ist ein weiteres Zeichen für diesen unberechenbaren, menschenverachtenden Kriegsverlauf“. Weihbischof Maksym Ryabukha ergänzt, dass „seit bereits so langer Zeit der Tod völlig unschuldiger Menschen zu bezeugen und zu betrauern sei. „Ohne jede Kriegsregeln“ würden Zivilisten hingemetzelt, illegale Verbrechen gegen die Menschlichkeit entlüden sich wutentbrannt an der unbewaffneten Zivilbevölkerung, Menschen würden verschleppt und gedemütigt.

Von Krieg, Not und Vertreibung betroffene Menschen im Exarchat auf dem Gebiet der von Russland annektierten sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk im ostukrainischen Donbass und in den Bezirken Dnipropetrowsk und Saporischschja leiden jetzt zusätzlich unter der Sprengung des Kachowka-Staudamms

Diese Staudamm-Sprengung sei freilich furchtbar und mit ihren schlimmen Folgen als riesige Umweltkatastrophe mit gewiss bevorstehender Trinkwassernot noch überhaupt nicht absehbar; zumal das benachbarte Wasserkraftwerk wohl kaum mehr repariert werden könne. Jedenfalls habe sich auch für viele Gebiete im Exarchat Donezk die Versorgungslage mit Trinkwasser bedenklich zugespitzt. Sie sei schon länger problematisch gewesen und jetzt noch schlechter geworden. Um an Wasser zu kommen, müsse man inzwischen bis zu hundert Meter tiefgelegene Reservoirs anbohren. Das griechisch-katholische Exarchat beabsichtigt jetzt zur Trinkwasser-Sicherung der Bevölkerung beizutragen; Renovabis unterstützt dieses Projekt.

Eine weitere Sorge teilt der Weihbischof mit der Bevölkerung, die sich aus seiner unmittelbaren räumlichen Nähe sogar für Teile Mittel- und Osteuropas ergeben könnte: „Ob nämlich das jetzt ausgelaufene Wasser des Kachowka-Stausees, das auch als Kühlwasser für den Betrieb des bei uns gelegenen größten europäischen Atommeilers in Saporischschja gebraucht wird, jemals irgendwie ersetzt werden kann, weiß man einfach noch nicht“, erläutert Weihbischof Maksym Ryabukha.

Bei all diesen existentiellen Sorgen betonten die Vertreter des Erzbischöflichen Exarchats Donezk, dessen Bischofssitz wegen des Krieges im Donbass bereits im Sommer 2014 von Donezk nach Saporischschja verlegt worden war, dass die Menschen der Schmerz der Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen solidarisch eine und bestärke. „Als Bischof verstehe ich meinen Dienst vor allem als Anteilnahme am Schicksal meiner Mitmenschen und darin, ihnen zur Seite zu stehen. Es ist mir das Wichtigste, für sie da zu sein, sie nicht allein zu lassen. Gerne bin ich dafür in den letzten sechs Monaten fast 50.000 Kilometer zu den Menschen gefahren. Das bedeutet mir mehr als formale Visitation von Pfarreien: ich höre den Menschen zu, ich will ihnen wirklich nahe sein. Alle Priester sollen ‚Zeugen der Liebe Christi‘ sein“, sagt Weihbischof Maksym. Und die Menschen gäben ihm freudig zurück: „Wir sind jetzt nicht mehr allein.“ Damit das Exarchat den Not leidenden Menschen in den im unmittelbaren Kriegsgebiet liegenden Pfarrsprengeln schnell und zielgerichtet helfen kann, beabsichtigt Renovabis, für das Exarchat ein eigenes Hilfsprogramm aufzulegen – einen dynamischen Fördertopf, um angesichts der sich täglich verändernden Kriegslage eine rasche und unkomplizierte Hilfe zu ermöglichen.

Bevor Salesianerpater Maksym Ryabukha zum Weihbischof berufen wurde, waren Mitte November 2022 die beiden Redemptoristenpatres Ivan Levitskyi und Bohdan Heleta am Ort ihres pastoralen Wirkens in der von Russland okkupierten Stadt Berdjansk im Bezirk Saporischschja unter fadenscheinigen Anschuldigungen verhaftet und bis heute an unbekanntem Ort festgesetzt worden; ob sie noch am Leben sind, sei ungewiss, berichtet der Weihbischof. Das Exempel, das an diesen beiden Priestern der Erzeparchie statuiert worden ist, war zwar mit massiven Protesten aus dem Westen, vom Heiligen Stuhl und auch von Renovabis quittiert worden, blieb aber unverändert status quo. Im Gegenteil: In den von Russland okkupierten Gebieten wie z.B. im seit 2014 besetzten Teil des Luhansker Gebietes wurden sämtliche Geistliche, die nicht der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriachats angehören, deportiert und mit Berufsverbot in der Luhansker Volksrepublik belegt. Für die Befreiung und Genesung der beiden Redemptoristen sorgt man sich bei Renovabis weiterhin in großer Solidarität zusammen mit dem Orden, mit Ortsbischof Stepan Meniok und Weihbischof Maksym Ryabukha vom Erzbischöflichen Exarchat Donezk.
von Thomas Schumann

Inhalt erstellt: 06.07.2023, zuletzt geändert: 06.07.2023

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