Collage: Ankündigung des Papstbesuches in der Slowakei: offizielle Fahne und Graffiti mit den Worten "Papst Willkommen".
Impressionen aus der Slowakei: neben offiziellen Fahnen zur Ankündigung des Papstbesuches schrieb jemand auch einen Willkommensgruß an eine Hauswand.
Quelle: Thomas Schumann (CC BY-NC 4.0)
08.09.2021 – Slowakei

Papstreise in die Slowakei

Kein Blitzbesuch und ohne Eile: Für die Slowakei nimmt sich der Heilige Vater gute drei Tage Zeit und besucht dabei auch Menschen am Rande der Gesellschaft.

In das reale Leben eintauchen

Zurück zu den Wurzeln: Pápež František empfiehlt Schrittmacher für die Herzkammer Europas

Als „Sauerteig der Geschwisterlichkeit" hat Papst Franziskus bei seiner Slowakei-Visite die Heimat der Slawenapostel Kyrill und Method gewürdigt. Im „Herzen Europas", so der Papst, gelte es für Seelsorgerinnen und Seelsorger in das „reale Leben der Menschen einzutauchen“ - wie überall auf dem Kontinent. Freundlich mahnte Franziskus das Bodenpersonal des lieben Gottes, die geistlichen Bedürfnisse der Menschen mehr zu achten: Dabei soll die Freiheit aller unterschiedlichen Gruppierungen geschätzt sein. Die Pastoral muss kreativ begleiten und motivieren – alles im aufrechten Dialog. In der Slowakei will die Kirche dafür den richtigen Weg finden. Der Papst ermutigte dazu: eine Mammutaufgabe in der Herzkammer und letztlich für ganz Europa.

Vom Eucharistischen Weltkongress kommend, wo der sakramentale Christus verehrt wurde, betonte Franziskus auf seiner Reise bis an die von ihm so oft aufgesuchten Ränder in der Ostslowakei, die Grundfrage: „Haben wir Christen den Eifer der Verkündigung verloren?“ Der päpstliche Hinweis auf die Europa-Patrone Kyrill und Method ist genial. Die beiden mittelalterlichen Diplomaten waren damals so up-to-date, dass sie überzeugt haben. Solch‘ plausibles Handeln in geschwisterlicher Gemeinschaft könnte die Kirche heute wieder glaubwürdiger machen.

Wer sich Christ nennt, darf die Armen nicht vergessen. Folgerichtig besuchte Franziskus bei Kosice (Kaschau), die Roma-Siedlung „Lunik IX", einen sozialen Brennpunkt mit verelendenden Menschen - derzeit 5.000 in abgewrackten Plattenbauten. Seit 20 Jahren sind dort eine Handvoll Salesianerpatres und deren Freiwillige ein gelegentlich angenommener Halt in der Perspektivlosigkeit. Sie bringen Struktur, Medizin, Bildung, ganzheitliche Seelsorge. Deutsche Katholiken haben dies von Anfang an über Renovabis ermöglicht: gut 300.000 Euro waren hilfreich.

Ein Kommentar von Thomas Schumann

Warten auf Papst Franziskus: Bis der Heilige Vater in der Roma-Siedlung Lunik IX bei Košice in der Ostslowakei eintraf, unterhielt sich der Slowakische Ministerpräsident Eduard Heger mit dem neuen Hauptgeschäftsführer von Renovabis, Pfarrer Professor Thomas Schwartz, über die Projekte der Solidaritätsaktion in dem Land.
Warten auf Papst Franziskus: Bis der Heilige Vater in der Roma-Siedlung Lunik IX bei Košice in der Ostslowakei eintraf, unterhielt sich der Slowakische Ministerpräsident Eduard Heger mit dem neuen Hauptgeschäftsführer von Renovabis, Pfarrer Professor Thomas Schwartz, über die Projekte der Solidaritätsaktion in dem Land.
Quelle: Thomas Schumann

Videoreportage zu den Stationen der Papstreise

Markus Nowak und Thomas Schumann haben sich die Stationen der Papstreise bereits angesehen. Ihre Videoreportage können Sie hier ansehen:

Pápež František sa blíži – Papst Franziskus kommt

Impressionen bei einem Vorab-Besuch von Thomas Schumann im August 2021

Die Vorbereitungen für den Papstgottesdienst laufen

Vojtěch Horváth lackiert mit weißer Farbe die hölzerne Fensterbank eines großen Rahmens am Kreuzgang der Klosterbasilika von Šaštín. Der 64-jährige Maler trägt Sorge, dass eine der berühmtesten Kirchen in der Slowakischen Republik zur Visite von Papst Franziskus am 15. September frisch getüncht für den hohen Besucher da steht. Der Prior der Marien-Basilika im Erzbistum Bratislava (Pressburg), der Paulinerpater Martin Lehončác in seiner weißen Ordenskutte, dankt dem ehrenamtlichen Helfer am Pilgerort und präsentiert eine kunstvoll gearbeitete Replik des Gnadenbildes von Šaštín: Die gekrönte Pietà. Vor 350 Jahren, als der Ort „Maria Schoßberg“ hieß, entstand hier eine Wallfahrt zu den Sieben Schmerzen Mariens. Bis heute ist der Weiler, den damals Habsburgs Kaiserin Maria Theresia aufgrund vieler Wunderheilungen als Gebetsstätte zur Schmerzhaften Muttergottes gegründet hatte, für die Menschen wichtig, die Pilger kommen auch aus Tschechien und Polen. Marienfrömmigkeit ist sowohl für griechisch-katholischen Christen des ostkirchlichen Ritus (die den Papst als Kirchenoberhaupt anerkennen), wie auch für die überwiegend römisch-katholischen Gläubigen ein Herzstück ihrer Glaubenspraxis.

Nach den Besuchen von Papst Johannes Paul II. in den Jahren 1990, 1995 und 2003 ist auch der Besuch von Papst Franziskus eine nationale Angelegenheit. Das ist auch Zuzana Čaputová, der 48-jährigen Präsidentin der Slowakei, bewusst gewesen, als sie den Papst in ihr Heimatland einlud. Nur, dass Franziskus auch kommen würde, das war dann doch überraschend. Jetzt empfängt Čaputová den Heiligen Vater am 13. September mit allen Ehren im Goldenen Saal ihres Präsidialsitzes, des Palais Grassalkovich in Bratislava.
Im Park vor dem Amtssitz der Präsidentin trifft der Heilige Vater nachmittags hunderte ehrenamtliche Vertreter aus kirchlichen Vereinen, der Zivilgesellschaft und von Nichtregierungsorganisationen, die sich um das Wohl der Menschen in ihrem Land verdient gemacht haben. Für diese Begegnung nimmt sich Franziskus einige Zeit, weil er seinen Besuch in der Slowakischen Republik unter das Leitwort „Mit Maria und Josef auf dem Weg zu Jesus“ gestellt hat: Dem Heiligen Vater geht es um Nächstenliebe und Solidarität aller Menschen füreinander und ein gutes Leben für alle.

Zwischen traditionellem Glauben und Entfremdung

Franziskus hat den heiligen Josef für 2021 zum Schutzpatron der Weltkirche proklamiert und der Menschheit als „Beschützer der heiligen Familie“ anempfohlen: Josef, der Beschützer der Kirche und das Vorbild gläubiger Menschen, führe uns durch sein Beispiel zu Jesus. Er war ein gerechter und fürsorglicher Mann, hörte aufmerksam auf Gottes Stimme und handelte danach. Seine Verlobte und Ehefrau Maria sei diesen Weg immer treu mit ihm gegangen. Dies werde in dem ostkirchlichen Hymnus Akathistos feierlich zum Ausdruck gebracht, den die griechisch-katholischen und orthodoxen Christen mit den römischen Katholiken gemeinsam pflegen. Marias Weg führt mit Jesus unter das Kreuz. Als Schutzpatronin der Sieben Schmerzen wird Maria in der Slowakei seit Generationen verehrt.

Von knapp 5,5 Millionen Einwohnern der Slowakei sind gut 65 Prozent Katholiken. Die Menschen pflegen – gerade auf dem Land – einen traditionellen Glauben. Im städtischen Umfeld, etwa der Hauptstadt Bratislava, kritisieren Religionssoziologen und Pastoraltheologen indes die Entfremdung der Kirche von aktuellen gesellschaftlichen Strömungen. Hier würden einzelne, aber wachsende Gruppierungen vom „Mainstream der Konservativen“ nicht mitgenommen, heißt es. Die Kirche müsse erst noch ihren eigenen Weg für die Zukunft finden. Geprägt worden ist die slowakische Kirche durch Verfolgung und erzwungenen Untergrund im Kommunismus, eine von Säkularismus und Konsum bestimmte Periode zwischen 1991 und 2010 und den bis heute andauernden Transformationsprozess. Nun muss sich die „harmonisch" anmutende Kirche neu finden, ein Eindruck, den auch der Religionssoziologe Jozef Żuffa unterstreicht.

Besuch bei Menschen am Rande

Eine weitere Station führt Papst Franziskus, wie schon so oft, „an die Ränder“: nahe der ostslowakischen Stadt Košice besucht der Papst die Roma-Siedlung „Lunik IX“. In dem heruntergekommenen Plattenbau-Stadtteil aus den 1970er Jahren leben rund 5.000 Mitglieder der Roma-Minderheit unter größtenteils elenden Lebensumständen.
In den sieben 12- bis 14-stöckigen Blocks teilen sich bisweilen 20 Menschen eine Zwei-Zimmer-Wohnung. Einige Bewohner der Siedlung leben in Zelten: Politiker hatten geglaubt, die Anzahl der Anlieger des sozialen Brennpunkts verringern zu können, wenn sie einfach Häuser abreißen ließen. In der Ostslowakei leben Roma am Rande der Dörfer, isoliert von der slowakischen Bevölkerung. Der Orden der Salesianer Don Boscos hat in den zurückliegenden 25 Jahren mit finanzieller Hilfe der deutschen Katholiken über Renovabis in Košice, aber auch andernorts, nachhaltig geholfen. Rund 300.000 Euro wurden allein in Lunik insbesondere für Bildungsmaßnahmen zugunsten der Romabevölkerung investiert. Insgesamt hat die Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken seit 1993 rund 1500 Projekte ihrer Partner in der Slowakei mit rund 34 Millionen Euro gefördert.

Inhalt erstellt: 08.09.2021, zuletzt geändert: 23.09.2021

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