Blickt man zurück auf die Ereignisse vor 30 Jahren, die das Ende der kommunistischen Systeme im Ostteil Europas einläuteten, so fällt auf, dass die Menschen wiederholt ungewöhnliche Wege beschritten und dabei machtvolle Zeichen setzten. In Ungarn war es ein Picknick, das am 19. August Geschichte schrieb, später im Jahr sollten es in der DDR Kerzen sein – und in den baltischen Sowjetrepubliken war eine mehr als 600 Kilometer lange Menschenkette, der „baltische Weg“ (litauisch: Baltijos kelias, lettisch: Baltijas ceļš, estnisch: Balti kett) am 23. August 1989 das Symbol des Unabhängigkeitswillens.
Auch im Rückblick grenzt es an ein Wunder, dass es gelang, ohne die heutigen sozialen Medien weit mehr als eine halbe Million Menschen (bei insgesamt nur sieben Millionen Einwohnern) zu mobilisieren – ohne große Lücken in der Kette und ohne Übergriffe der sowjetischen Machthaber, die das Ganze stattdessen mehr oder weniger ignorierten. Hintergrund für die Aktion war der 50. Jahrestag des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts von 1939, in dessen Zusatzabkommen die damals souveränen Staaten Litauen, Estland und Lettland der sowjetischen Einflusssphäre zugeordnet worden waren. In der Sowjetunion wurde die Existenz dieser Abmachung, die im Westen schon seit den 1950er Jahren bekannt war, hartnäckig geleugnet – umso energischer zeigten die Menschen im Baltikum am Abend des 23. August 1989 in Form einer Menschenkette und begleitet von Lichtern und Gesang, dass sie bereit waren, für die Wiedergewinnung der Unabhängigkeit ihrer Länder aufzustehen. Bis zur endgültigen Unabhängigkeit 1991 war es zwar noch ein weiter Weg mit Rückschlägen und Opfern, am Beginn stand aber die „singende Revolution“ des baltischen Wegs.
„Das Baltikum wacht auf“
Berühmt weit über die Grenzen des Baltikums hinaus ist das dreisprachige Lied von Boris Reznik „Das Baltikum wacht auf“ - komponiert zum Anlass des Baltischen Weges. Im Original sangen die Menschen „Atmostas Baltija“ (lettisch) , „Bunda Jau Baltija“ (litauisch) oder „Ärgake Baltimaad“ (estnisch).
Auch heute, 30 Jahre später, zeugen das Lied und die Filmaufnahmen von einem bewegenden Stück Zeitgeschichte!
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