Als Zeichen der Versöhnung wurde die Stari Most, die Alte Brücke in Mostar, nach dem Krieg wieder aufgebaut – es ist bis heute beim reinen Symbol geblieben. Mostar wird auch die „geteilte Stadt“ gennant – im Westen lebt eine kroatische Mehrheit, im Osten leben die Muslime.
Als Zeichen der Versöhnung wurde die Stari Most, die Alte Brücke in Mostar, nach dem Krieg wieder aufgebaut – es ist bis heute beim reinen Symbol geblieben. Mostar wird auch die „geteilte Stadt“ gennant – im Westen lebt eine kroatische Mehrheit, im Osten leben die Muslime.
Quelle: Ann-Christin Ladermann
15.11.2023 – Reisebericht

Renovabis-Delegation besucht Bosnien und Herzegowina

Eine Delegation von Vertreterinnen und Vertretern des katholischen Osteuropa-Hilfswerks Renovabis sowie des Bistums Münster hat im Herbst Bosnien und Herzegowina besucht, um die Eröffnung der Renovabis-Aktion Anfang Mai 2024 in Münster vorzubereiten.

Ein Reisebericht von Renovabis-Referent Thomas Müller-Boehr

Sarajevo

Ein prominenter und inhaltlich sehr erhellender Einstieg in das Programm der Vorbereitungsreise durch Bosnien und Herzegowina war das Gespräch mit Christian Schmidt, dem Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft. Dessen Aufgabe ist es, die Einhaltung des komplexen Vertragskonstrukts von Dayton - das Abkommen von Dayton beendete 1995 nach dreieinhalb Jahren den Krieg in Bosnien und Herzegowina - zu gewährleisten. Seine Schilderungen hinterließen bei der Delegation den Eindruck eines Diplomaten, der eine sehr gute Kenntnis der Geschichte des Landes und einen empathischen Blick auf die Menschen der verschiedenen Ethnien hat.

Am Nachmittag hatte die Delegation die Gelegenheit, an der Universität Sarajevo Prof. Darko Tomašević sowie Dekan Mario Bernadić von der römisch-katholische Fakultät und den Dekan der muslimischen Fakultät, Prof. Mustafa Hasani, zu treffen. Hier stand insbesondere das interreligiöse Master-Studienprogramm „Peacebuilding“ im Mittelpunkt. Dabei geht es nicht nur um akademische Bildung, sondern auch um einen Kurs der Persönlichkeitsentwicklung, um dialogfähige Friedensmenschen auszubilden. Leider war hier und auch in anderen interreligiösen Gesprächsformaten kein Vertreter der orthodoxen Kirche anwesend. Darin käme laut mehrerer Gesprächspartner zum Ausdruck, dass die orthodoxe Kirche das offene Wort bei solchen Gelegenheiten aufgrund der derzeitigen kirchenpolitischen Konstellationen (vor allem angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine) scheut.

Das abendliche Sarajevo
Das abendliche Sarajevo
Quelle: Ann-Christin Ladermann
In der neuen orthodoxen Kathedrale in Sarajevo
In der neuen orthodoxen Kathedrale in Sarajevo
Quelle: Ann-Christin Ladermann

Das Schulzentraum St. Joseph in Sarajevo

Der Freitagvormittag stand ganz im Zeichen des Besuchs im Schulzentrum St. Joseph in Sarajevo, das 1994 als erstes aller Europaschulen in Bosnien und Herzegowina gegründet worden ist. Deren Konzept ist kurz und klar beschrieben im Zitat von Generalvikar Slađan Ćosić, dem Verantwortlichen der Europaschulen im Erzbistum Sarajevo: „Wir sind hier an einer katholischen Schule, das heißt wir sind offen für Schülerinnen und Schüler aller Konfessionen; sie lernen hier gemeinsam für ihre Zukunft, damit sie nicht gezwungen sind, die Vergangenheit zu wiederholen.“ Im Gespräch auch mit Schülerinnen und Schülern konnten die Teilnehmenden erfahren, wie dieser Gedanke das Leben an der Schule prägt.

Außerordentlich interessant war zudem die Begegnung mit dem Leitungsteam von Youth-for-Peace, einer zivilgesellschaftlichen Jugendorganisation, die ein breites Angebot für junge Menschen aus den verschiedenen Kulturen in Bosnien und Herzegowina gestaltet.

Gruppenbild der Delegation in Sarajevo
Gruppenbild der Delegation in Sarajevo
Quelle: Ann-Christin Ladermann
Gespräche im Schulzentrum St. Joseph in Sarajevo
Gespräche im Schulzentrum St. Joseph in Sarajevo
Quelle: Ann-Christin Ladermann

Mostar

Nach einer Reihe intensiver Gespräche stand bei hochsommerlichem Wetter eine Exkursion nach Mostar im Landesteil Herzegowina auf dem Programm. Die Gruppe besuchte das neu eröffnete, beeindruckend modere Diözesanzentrum mit Museum des Bistums Mostar-Duvno und wurde von Generalvikar Nikola Menalo empfangen. Nach einem Gang über die berühmte, im Krieg von der kroatischen Armee zerstörte und wieder aufgebaute Brücke über die Neretva und durch das muslimische Altstadtviertel besuchte die Delegation das traumhaft gelegene orthodoxe Kloster Žitomislići.

Gottesdienst in Stup

Am Vormittag waren die Reise-Teilnehmerinnen und -teilnehmer eingeladen, den Gottesdienst in der Pfarrei Heilige Familie in Stup, einem Vorort von Sarajevo, zu feiern und konnten dort eine lebendige Gemeinde mit einem begeisternden Jugendchor und einer ebenso engagierten Predigt des Reiseteilnehmers Pfarrer André Sühling erleben. Im Anschluss hatte das Team noch die Gelegenheit, mit einigen Gemeindemitgliedern über ihre Sorgen und Hoffnungen zu sprechen.

Der intensivste Moment der ganzen Tage: das Gespräch beim anschließenden Besuch im nahe gelegenen Karmel-Kloster. Die Oberin erzählte unter anderem, dass ihre kleine Gemeinschaft von sieben Schwestern für viele Menschen, auch Muslime, eine wichtige Anlaufstation ist, weil sie hier ihre traumatischen Kriegserfahrungen aussprechen können - was anderswo oftmals nicht möglich sei.

Srebrenica

Ihren letzten Tag nutzte die Gruppe für den Besuch der Dauerausstellung „GALERIJA 11/07/95“ in direkter Nähe der katholischen Kathedrale. Die Ausstellung dokumentiert den Völkermord an mehr als 8.000 weit überwiegend männlichen Muslimen im ostbosnischen Srebrenica - und auch das Versagen der Truppen der Internationalen Gemeinschaft, die deren Schutz nicht gewährleisten konnte. Ein fortlaufender Videoclip zeigt den Terror der Belagerung von Sarajevo in den Jahren 1992 bis 1995 durch die bosnisch-serbische Armee. Abschließend führte die Delegation ein Gespräch mit katholischen, jüdischen und muslimischen Vertreterinnen und Vertretern des Interreligiösen Rates, der im Auftrag der Religions- und Kirchenführer des Landes vielfältige Projekte für den Dialog zwischen den Religionen und Konfessionen fördert.

Ein Fazit: Die Teilnehmenden an dieser sehr kompakten Reise haben vielfältige Eindrücke über die Situation des Landes mehr als 25 Jahre nach Ende des Krieges und verschiedene Ansätze der Dialog- und Versöhnungsarbeit kennengelernt. All dies hat erheblich zu Motivation und Identifikation mit der Renovabis-Pfingstaktion 2024 „Damit Frieden wächst: DU machst den Unterschied“ beigetragen.

Die Gruppe im Gespräch mit der Karmelitinnen
Beeindruckende Gespräche im Karmel-Kloster am Rand von Sarajevo
Quelle: Ann-Christin Ladermann
Eine Wand mit Fotos der Opfer von Srebrenica in der Dauerstellung „GALERIJA 11/07/95“
Eine Wand mit Fotos der Opfer von Srebrenica in der Dauerstellung „GALERIJA 11/07/95“
Quelle: Ann-Christin Ladermann
Inhalt erstellt: 16.10.2023, zuletzt geändert: 15.11.2023

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